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Die Liebe von Eltern ist unverwüstlich


Weit vom Stamm: Wenn Kinder ganz anders als ihre Eltern sind, von Andrew Solomon. Frankfurt: Fischer Taschenbuch, 2013.

Weit vom Stamm: Wenn Kinder ganz anders als ihre Eltern sind, von Andrew Solomon. Frankfurt: Fischer Taschenbuch, 2013.

von Annabel Dillig

Sie sind psychisch krank, hochbegabt, gehörlos oder kriminell: In seinem neuen Riesenwerk “Far from the Tree” geht der New Yorker Autor Andrew Solomon der Frage nach, wie es ist, ein außergewöhnliches Kind zu haben. Das Buch ist ein Plädoyer für die Vielfalt. Und doch, glaubt Solomon, werden die Zeiten härter für Menschen, die aus dem Rahmen fallen.

Mr. Solomon, die Kinder, die Sie in “Far from the Tree” treffen, sind alle auf ihre Art besonders. Was haben sie gemeinsam?

Es gibt nur eine offensichtliche Gemeinsamkeit: Sie alle kommen aus Familien, deren Mitglieder sich als normal erachten, und nun ist da ein Kind, das sich außerhalb unserer Definition von normal befindet. Meine Frage war: Wie gehen Eltern mit der Fremd- und Andersartigkeit des eigenen Kindes um? Keiner war darauf vorbereitet. Alle haben sich ein normales Kind gewünscht.

Nach welchen Kriterien haben Sie die zehn Gruppen für Ihr Buch ausgewählt?

Anfangs wollte ich vierzig oder fünfzig Gruppen untersuchen, aber ich habe es eingedampft. Es war klar, dass ich nicht zwingend Blinde drin haben muss, wenn ich Gehörlose beschreibe. In der ersten Hälfte des Buches geht es um Phänomene, die als Krankheiten gelten, zum Beispiel Down-Syndrom oder Autismus. In der zweiten Hälfte geht es um Auffälligkeiten, die als persönlichkeitsprägend angesehen werden: zum Beispiel Kinder, die bei einer Vergewaltigung gezeugt wurden oder deren Geschlecht nicht eindeutig ist.

Ihre Idee fordert Kritik heraus. Haben sich die Gehörlosen geärgert, dass sie in eine Reihe gestellt werden mit Kriminellen?

Jede einzelne Gruppe im Buch war verärgert. Die Kriminellen sagten, wir haben ein Verbrechen begangen, aber wir sind nicht bizarr wie Transgender-Leute und dumm wie die mit Down-Syndrom. Die Down-Syndrom-Menschen fühlten sich angegriffen, da sie etwas gemein haben sollten mit jenen, die bei einer Vergewaltigung gezeugt wurden. Aber im Nachhinein erzählten mir viele Betroffene, sie seien überrascht gewesen, dass sie bei anderen Gruppen so viel Vergleichbares entdeckt hätten.

(To read the full interview, please visit Nido.)